Biogasanlage: Strom aus Gülle und Mais

Es scheint, als schössen Biogas-Anlagen wie Pilze aus dem Boden: Die farbigen Hauben der Anlagen fallen Autofahrern, Radlern und Spaziergängern an immer mehr Stellen ins Auge. Die Energiewende verändert das Landschaftsbild nachhaltig.

Bei Kleinbüllesheim wölben sich drei dunkelgrüne Plastikhauben in den Himmel, bei Palmersheim sind es vier dunkelrote. Und auch zwischen Kommern und Eicks glänzen zwei grüne Halbkugeln unterhalb des Freilichtmuseums neben der Kreisstraße 20. Biogas-Anlagen bestimmen zunehmend das Landschaftsbild im Kreis Euskirchen, denn Biogasanlagen werden bevorzugt im Außenbereich in der Nähe von Aussiedlerhöfen oder landwirtschaftlichen Anlagen errichtet. Aus Gülle, Mist und weiterem Biomaterial wird zunächst Gas und später meist Strom.

Doch das ist laut Wolfgang Schlösser, Marketingleiter der Regionalgas Euskirchen, nicht überall so, denn Biogasanlagen sind nicht automatisch Goldesel für die Betreiber, sondern Anlagen, die nur bei optimaler Anbindung und Verwertung der anfallenden Energien auch langfristig rentabel betrieben werden können.

Die Gasaufbereitung Palmersheim

Zehn Biogas-Anlagen sind derzeit im Kreis Euskirchen in Betrieb. Keine ist „von der Stange“, denn jede der Anlagen folgt einem eigenen Betriebskonzept, auch wenn sich alle Anlagen ähneln. Das Grundprinzip der Biogas-Anlagen ist schnell erklärt: Aus Gülle oder Mist sowie aus zugesetzter Mais- oder Grassilage wird bei einer bestimmten Temperatur in einem riesigen Gärbottich von hungrigen Bakterien Methangas erzeugt. Das Gas wird aufgefangen, in Blockheizkraftwerken in Strom umgewandelt und dieser ins Netz eingespeist.

Dafür gibt es die staatlich garantierte Einspeisevergütung, die je nach eingesetzten Betriebsstoffen zwischen sechs und 14 Cent je Kilowattstunde (kWh) beträgt. Soweit die Theorie. Denn weil der Mais, den die Betreiber der Anlagen benötigen, immer teurer wird, müssen sie weitere Einnahmequellen für ihre Anlagen erschließen. Deshalb sei die Regionalgas Euskirchen, so Ingenieur Harald Gebauer, daran interessiert, auch die Abwärme, die bei der Verstromung im Blockheizkraftwerk anfalle, zu vermarkten. Weil außerdem die staatliche Förderung für Anlagen, die von Landwirten betrieben werden, höher sei als für gewerbliche Anlagen, sei die Regionalgas nur zu 49 Prozent an Anlagen in Kleinbüllesheim und Kommern beteiligt.

Regionalgas-Ingenieur Harald Gebauer

In Kleinbüllesheim – in Sichtweite zum Industriepark „Am Silberberg“ – ist der Gasversorger an einer Anlage beteiligt, die mit Maissilage und Rindergülle betrieben wird und Biogas für ein Blockheizkraftwerk im Kesselhaus der Justizvollzugsanstalt Erlenhof liefert. Ein ähnliches Konzept wird mit der Anlage verfolgt, die die Regionalgas zusammen mit einem Landwirt unterhalb des Freilichtmuseums betreibt. Zwischen Eicks und Kommern züchtet der Landwirt 1500 Schweine. Er betreibt die Anlage mit Mais und Schweinegülle. Das Biogas wird in einem Blockheizkraftwerk verstromt und heizt einen Baumarkt und ein Gartencenter im Gewerbegebiet „Monzenbend“.

Der Strom der beiden Anlagen wird nach dem „Erneuerbare Energien-Gesetz“ (EEG) eingespeist, die Abwärme verkauft. Die Regionalgas Euskirchen GmbH nutzt eine dritte Anlage, um Biogas ins Erdgasnetz einzuspeisen und will an einer vierten Anlage eine Gasaufbereitungsanlage bauen. Denn das Energieunternehmen speist am Schornbuschweg in Palmersheim Biogas aus zwei Anlagen ins Netz ein – und zwar jeden Tag so viel, wie 42 Haushalte im Jahr verbrauchen.

Ein „Gärsubstrat-Gespann“

Das Biogas entsteht hier durch den Gärprozess von Hühnertrockenkot und Mais. Biogas will die Regionalgas auch in Geich durch Aufbereitung in Bio-Erdgas verwandeln. Dort gebe es eine Biogas-Anlage, die mit Speiseresten als Gärsubstrat „gefüttert“ werde, so Regionalgas-Ingenieur Harald Gebauer.

Weitere Biogas-Anlagen im Kreisgebiet erzeugen in Blockheizkraftwerken neben Strom als Einspeiseprodukt auch Fern- oder Nahwärme, wie etwa in der Nähe des Klosters Steinfeld oder im Ortskern von Dom-Esch.

Die zehn Biogas-Anlagen im Kreis wurden nach unterschiedlichen Rechtsgrundlagen genehmigt. Mal werden die Anlagen nach Baurecht genehmigt, mal wird die Störfallverordnung angewendet. Das hängt, so Marina Hoffmann und Franz Weigel von der Immissionsschutzabteilung der Kreisverwaltung, von der Größe der Anlagen ab. Für kleinere ist der Kreis und für größere die Bezirksregierung Genehmigungsbehörde.

Die Energieerzeugung durch nachwachsende Rohstoffe nehme der Nahrungsmittelerzeugung in Deutschland keine Flächen weg. „Die Anbauflächen für den Biogas-Mais unterlagen vorher den Stilllegungsprogrammen und wurden nicht für die Nahrungskette gebraucht“, konstatieren Marina Hoffmann und Franz Weigel von der Immissionsschutzbehörde. Sie treten auch Beobachtungen von Bürgern entgegen, dass es deutlich mehr Maisfelder als früher gebe.

„Die mit Mais bebaute Fläche hat sich bundesweit seit Jahrzehnten kaum verändert und liegt zwischen elf und zwölf Prozent der gesamten Anbaufläche“, so Weigel. Der Anbau von Mais verschiebe sich höchstens regional.